Haarausfall bei Frauen – kein lebensbedrohliches Problem, das sich jedoch auf die Psyche auswirkt
Schönes Haar gehört ohne Zweifel zu den Attributen der Frau. Gepflegtes, volles und lebendiges Haar – das Haar, das sich die meisten von uns Frauen wünschen. Heutzutage ist das Begehren nach einer glänzenden Lockenpracht besonders stark. Dies zeigen vor allem sämtliche Foren- und Blogeinträge zum Thema Haarpflege, die aktuell wie Pilze aus dem Boden schießen. Das Schönheitsideal der Frau mit einer umwerfenden Haarpracht wird uns ebenso von den Medien präsentiert, jedoch muss zugeben werden, dass volles und glänzendes Haar tatsächlich als Symbol der Jugend gilt.
Es ist also nicht verwunderlich, dass wir nach perfektem Aussehen streben. Haben wir zur Frühlingszeit Lust auf Veränderungen, so sind es meist die Haare, die wir verändern und nach dem Friseurbesuch fühlen wir uns großartig – oft mit einer neuen Farbe auf dem Kopf. Steht demnächst eine Party oder gar die Silvesternacht an, so sind wir auf der Suche nach Frisur-Inspirationen und blättern diverse Kataloge durch. Vielleicht wird es eine Boho-Frisur? Oder doch lieber ein eleganter Dutt?
Mit anderen Problemen befasst sich jedoch eine Frau, die unter ausdünnendem Haar leidet. Die Probleme hinsichtlich des Haars sind bei solch einer Frau völlig anders.
Wird hierbei übertrieben? Nicht unbedingt.
Für Außenstehende kann das Verhalten der Frauen, die unter Haarausfall leiden, als übertrieben erscheinen. Viele dieser Frauen hören oftmals Aussagen wie „Übertreibe nicht, du hast doch Haare“ oder „Andere Menschen haben schlimmere Probleme“. Den Behauptungen ist zwar schwer zu widersprechen, diese lösen allerdings das Problem nicht und reduzieren dieses ebenso nicht. Nun, diese Aussagen sind auch nicht tröstend.
Persönlich kenne ich keine von dem Problem betroffene Frau, die bei der Frage, ob sie gerne ihre alten Haare zurück hätte, antworten würde: „Nein, brauche ich nicht. Ich brauche kein schönes Haar, um sich besser zu fühlen“. Die Problemakzeptanz ist hierbei ein weiterer Punkt – ein normales Verhalten, das mit der Zeit kommt. Dies ist allerdings die gleiche Art der Akzeptanz, wie bei einer Person, die ein Bein verloren hat. Wäre es möglich, so hätte sie es auch gerne wieder.
Eine Frau mit Glatze weckt ungesundes Interesse
Rasiert sich eine bekannte Schauspielerin ihr Haar für eine neue Rolle ab, wird in vielen Boulevardzeitungen darüber geschrieben. Es werden ihre Fotos vor und nach der Rasur miteinander verglichen. Selbst als sich Sinead O‘Connor für einen rasierten Look entschied, wurde dies auch zum späteren Zeitpunkt mit Sinead in Verbindung gesetzt – der Look wurde zu ihrem charakteristischen Merkmal. Sinead hatte jedoch das Glück, dass sie sich mit ihrem schönen Gesicht durch diese Entscheidung keinen großen Schaden zugefügt hat. Außerdem hatte die Sängerin die Wahl – sie konnte ihr Haar jederzeit wachsen lassen.
Hierbei sollte erwähnt werden, dass Personen, die unter kreisrundem Haarausfall leiden, oft gefragt werden, ob sie sich einer Chemotherapie unterziehen. Der Besitz von Haaren ist in unseren Kultur ein Zeichen der Gesundheit und es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich das jemals ändern wird.
Anders ist es in unseren Breitengraden bei Männern mit androgenetischem Haarausfall. Dieses Erscheinungsbild wurde in unserer Gesellschaft bereits akzeptiert.
Personen, die noch nie von Haarausfall betroffen waren, sind selten in der Lage eine unter Haarausfall leidende Frau zu verstehen. Diese Personen können sich meist nicht vorstellen, dass ein Friseurbesuch stressig erscheinen kann. Dass für eine Partynacht die Frisur gewählt wird, die die kahlen Stellen am besten kaschiert. Dass die Haare nicht gefärbt werden können, da ansonsten die Extensions nicht mehr zusammenpassen würden. Nicht zu vergessen ist die Zeit, die jeden Morgen vor dem Spiegel verbracht wird, um das Haar in Ordnung zu bringen und der Stress, der einem bei Wind begleitet, denn dieser könnte womöglich das enthüllen, was eine Frau unbedingt verstecken möchte. Weniger wichtig, auch ebenso „real“ scheinen Probleme zu sein, die die Frisur beim Sport betreffen oder das Übernachten nach einer Party bei Freunden.
Mangelndes Selbstbewusstsein, Neurosen und depressive Stimmung
All die Haarprobleme wirken sich insbesondere auf die Psyche der Frau aus. Männer hingegen, jedoch nicht immer, sind in der Lage es schneller zu akzeptieren, dass „hier und da“ das Haar ausgefallen ist.
Für Frauen ist es wiederum ein mühseliger und frustrierender Prozess. Das Traurigste hierbei ist, dass in den meisten Fällen die Frau diesen Prozess alleine durchlaufen muss, da kaum jemand in der Lage ist die mit dem Problem verbundenen Verhaltensweisen der Frau zu verstehen. Familienmitgliedern fehlt es meist an Empathie und Freunde erscheinen verständnislos und ungeduldig.
Eines der Folgen, die durch den Haarausfall verursacht werden, ist ein vermindertes Selbstwertgefühl. Die ständige Kontrolle des Haarzustands oder der täglich ausfallenden Haaranzahl kann zu Neurosen führen. Weitere Folgen sind Stimmungsschwankungen oder gar Depressionen.
Leider stoßen Frauen, die nach Hilfe suchen, oft auf Bagatellisierungen des Problems, falsche Diagnosen oder fehlende Behandlungsergebnisse.
Frauen mit Haarproblemen sind oft Opfer von Betrügern, die mit betrügerischem Marketing versuchen „magische Mittel“ gegen den Haarausfall zu verkaufen. Das fehlende Verständnis der Ärzte und den Liebsten führt zu Trauer und Versagensgefühlen.
Was sollte getan werden? Wie kann geholfen werden?
An die betroffene Frau: Es sollte nach Hilfe gesucht werden und es sollte nicht aufgegeben werden, falls es beim ersten Versuch nicht klappt. Das Wichtigste ist zunächst die Stellung der richtigen Diagnose, danach sollte die entsprechende Behandlung begonnen werden (fall dies möglich ist – es ist in den meisten Fällen möglich!). Zudem sollte mit den richtigen Personen Kontakt aufgenommen werden – beispielsweise mit Personen, die unter ähnlichen Problemen leiden.
An die Familie: Es sollte insbesondere zugehört und auf gut gemeinte Ratschläge verzichtet werden. Man sollte die betroffene Person unterstützen und dieser das Gefühl geben, für sie da zu sein – nicht mehr und nicht weniger.